Nächst der Ortschaft Lasern, etwas oberhalb der Pernkopfanger oder Finsterbrücke am Anstieg zur Ortschaft Riedln, links vom Wege im Wald, sieht man die Reste eines kleinen Steinkogels. Es ist das der sogenannte Stockhaubenstein. Vor nicht langer Zeit wurde ein Teil desselben zur Steingewinnung abgeschossen.
Auch bei Erzählung der damit verbundenen Sage wird gewöhnlich auf Chroniken hingewiesen, die gar nicht existieren, wenigstens in der Jetztzeit nicht. Es soll da so zu Beginn des 13. Jahrhunderts, nach dem Jahre 1200, wie Josef Schnöll von Riedln erzählt, nur wenige Wohnstätten droben in Lasern gegeben haben. Nur zwei auf der Wiesen und am Krumpenbichl, wo heute ein Haus steht, gab es nur eine Bergwiese mit einem Heustadl. Alles das war von Wald umschlossen. Weiter zu, gegen das heutige Pichlern hin, lag das Papstraht, wo es heute Wöfl und Stieger am Berg heißt. Und es führte ein Saumweg durch den damals wilden Wald, nicht weit vom Stockhaubenstein vorbei über den Sattel und den Schindergraben und Pichlern nach Aussee hinüber, den oft die Schmuggler gingen.
Und da droben beim Stockhaubenstein herum hauste geheimnisvoll ein Weib, das als Hexe verschrien war und das ein Geschöpf zur Welt gebracht hatte, das keinem Menschen glich, sondern der Behaarung nach weit mehr einer Ziege. Es war eine Missgeburt, wie wir heute sagen würden. Das Weibe wurde darüber irrsinnig. Die Menschen von dazumal, voll des Aberglaubens, taten dem Weib an, mit dem Teufel verkehrt zu haben. Es wurde von ihnen ausgestoßen und irrte dann im Walde herum, wählte sich die Gegend oberhalb des heutigen Lasern zum Aufenthalt, ließ sich kaum je einem Menschenauge sehen und nahm meist Heustadeln zum Aufenthalt. Hauptsächlich hielt es sich im Stadl am Krumpenbichl auf, wo es im Heu ein Nest hatte. Kein Mensch getraute sich mehr, den Stadl zu betreten. Das Heu verblieb dort und die Wiese wurde gar nicht mehr gemäht. Dabei hatte das Weib das Geschöpf bei sich, dem es das Leben gegeben hatte, und das heranwuchs und, wie schon gesagt, einer Ziege oder einem Bock nicht unähnlich sah. Es frass Gras und Heu und schrie ähnlich wie ein „Moosbock“ (Uhu) in meckernder Art. Da das Weib mit seinem Geschöpf das es immer verbarg und sehr behütete, nur nächtlicherweise herumstrich und sich dabei hauptsächlich auf der Fuchsleiten aufhielt, wo das Junge graste, wurden durch das meckernde Geschrei desselben viele Eulen angelockt und es entstand dadurch ein Höllenlärm, wenn so alles durcheinander schrie: die Missgeburt wie ein Uhu, dazu die Schavigel, der Kauz und der Schleifer und der Muff.
Um keinen Preis der Welt hätten sich Menschen von dazumal nächtlicherweil in die Nähe des Stockhaubensteines oder der Fuchsleiten gewagt, wurde doch auf beim Stockhaubenstein von Leuten, die sich dorthin verirrten, das Weibl hockend gesehen. Denn an diesem Stein war sein Lieblingsplatz.
Das Weibl lebte von Obst, Beeren, Wildgemüse und Dingen, die es sich bei ein paar Häusern nächtlicherweile holte, wo es sich aber niemals sehen ließ, denn die Nahrungsmittel wurden ihm von den Leuten irgendwo geheim gelegt. Manchmal jagte es auch den Schmugglern ihre Sachen ab, die damit nach Aussee hinüber wollten und davon lebte es wieder einige Zeit. Die Schmuggler, wenn sie des Weibleins ansichtig wurden, flohen im größten Entsetzen und ließen alles, was sie mithatten, im Stich. Dem Bauer vom Pasträth erging es auch einmal ganz übel, als er einen Ochsen im Finstern heimtreiben wollte. In die Nähe des Stockhaubensteins gelangt, hörte er schon das Gemecker und den Höllenspektakel und er Ochse ging ihm dabei durch und sprang gegen den Graben bei der Fuchsleiten. Der Bauer selbst floh heimwärts und kam dort mit gesträubtem Haar, voller Angstschweiß und halb irrsinnig an. Vom Ochsen aber hat man keine Spur mehr gefunden.
Das Geschöpf soll dann später eines Tages von der Fuchsleiten abgestürzt sein und im Bachgraben den Tod gefunden haben. Das Weiblein stürzte sich dann ebenfalls ab und fand zwischen den großen Steinen des Baches sein Ende. Man fand später die Überreste davon mit ganz zerrissenen Kleidern die es schon jahrelang immer getragen hatte.
Das Weiblein aber blieb durch Jahrhunderte in der Sage lebendig und lebt im Gedenken noch bis in unsere Tag herein. Viele Menschen von einst wollten es gesehen haben als Gespenst wie es am Stockhaubenstein sich zeigte und die Gegend um denselben blieb für die meisten Menschen immer eine unheimliche. So wollte man auch einst eine große Tanne fällen, die ganz beim Steine stand und an das Gespenst gerne hockend gesehen worden sein soll. Dem Weiblein wäre das nicht recht gewesen, wenn der Baum gefällt worden wäre, es hat durch sichtbare Zeichen seinen Unwillen kund getan und auf das hin getraute sich niemand, an die Tanne Hand anzulegen.
Das ist so der Inhalt der Sage, wie sie heute noch erzählt wird. Der Ursprung derselben liegt im Dunkeln, es können da nur Vermutungen ausgesprochen werden. Zwei Möglichkeiten sind da vor allem ins Auge zu fassen. Entweder handelt es sich bei dem Weiblein um eine Ausgestossene, die ob ihrer Missgeburt nicht mehr unter anderen Menschen geduldet wurde und die dann als Hexe, als Teufelsbuhlin angesehen worden ist und die im Gedenken dann auch als Gespenst fortlebte. Oder es handelt sich um eine übrig gebliebene Heidin aus noch früherer Zeit, vielleicht eine Priesterin, die ihre alten Tage in Verstecken, in der Einsamkeit verbringen mußte und die dann der Zeit gemäß ebenfalls als Teufelsbuhlin verschrien worden sein mag und dann für die Menschen noch immer als Gespenst umgehen mußte. Wer kann das auch heute sicher sagen?